Heizung an oder aus? Die Antworten auf die brennendsten Fragen
Die kalten Monate bringen oft hohe Heizkosten mit sich. Aber sind diese wirklich unvermeidlich? Energieexperte Carsten Herbert hat im Interview die wichtigsten Tipps rund ums Energiesparen parat.
Das große Rätselraten ums Heizen geht wieder los. Wenn die Temperaturen draußen erstmals wieder in den Minusbereich wandern, stellen viele Menschen ihre Heizungen direkt an - aber ist das ratsam in Sachen Energiesparen? Carsten Herbert, Energieexperte, Diplom-Bauingenieur und Autor von "Alles, was Sie über Energiesparen wissen müssen" (Herder), beantwortet im Interview mit der Nachrichtenagentur spot on news die brennendsten Fragen rund um die diesjährige Heizsaison.
Die ersten Minusgrade in Deutschland sind da, allerdings steigen die Temperaturen derzeit auch immer wieder auf bis zu 12 Grad. Viele fragen sich dann, wann sie ihre Heizung am besten anstellen, um keine Energie zu verschwenden. Was ist Ihre Empfehlung?
Carsten Herbert: Die typische Temperatur, bei der man in einem typischen Altbau anfängt zu heizen, beträgt so etwa 15°C. Allerdings muss das häufig nicht gleich am ersten Tag sein, an dem es mit dem Heizen losgehen muss. Gerade die letzten Wochen haben gut gezeigt, wie es auch laufen kann. Erstmal hat das Haus durch die wärmeren Tage davor noch recht viel Wärme in sich gespeichert. Dadurch hat man ein paar Tage Puffer, bis man die Heizung tatsächlich anschalten muss. Außerdem wird durch warme Tage und viel Sonne immer wieder neue Wärme ins Haus gebracht und gespeichert. In der Übergangszeit heißt es daher "Lass die Sonne rein". Jetzt gilt es möglichst jeden Sonnenstrahl zu nutzen, um das Haus wieder mit Wärme aufzuladen. Erst wenn es dann dauerhaft am Tag und in der Nacht unter 15°C geht, dann kommt man um den Gang zum Heizungsschalter nicht mehr herum.
Wenn es mit dem Heizen losgeht, wie geht man am besten vor, um möglichst viel Energie zu sparen?
Herbert: Wenn man die Möglichkeit hat, dann sollte man sich auf jeden Fall um die Einstellungen der Heizungssteuerung kümmern. Die ist, wenn man es nicht schon verändert hat, immer so eingestellt, dass viel mehr Wärme produziert wird, als tatsächlich am Heizkörper gebraucht wird. Das liegt einfach daran, dass wenn die Heizung neu gebaut wird und der Fachbetrieb den Heizungskeller verlässt, der Handwerker natürlich zufriedene Kunden haben will. Zufriedene Kunden bedeutet, es muss auf jeden Fall warm genug werden. Um kein Risiko einzugehen, wählt er bei den Einstellungen der Heizungssteuerung entsprechend hohe Temperaturen.
Es gibt wohl keine wirkungsvollere Maßnahme, die gleichzeitig aber so unbekannt ist, als die Optimierung der Heizungssteuerung. Ich kenne Beispiele, in denen Menschen durch die Optimierung ihrer Heizung 40 Prozent Energie gespart haben. Das ist natürlich ein Extremfall. In den meisten Fällen sind es aber zumindest fünf bis zehn Prozent. Und das alles gibt es für 0 Euro. Das einzige, was es kostet, ist ein bisschen Zeit, in der ich mich um meine Heizung kümmern muss. Wie es geht, erkläre ich übrigens in meiner YouTube-Folge "DIY - Heizung optimieren - Heizkosten sparen - ohne Kosten - durch Anpassung der Heizkurve".
Auf welche Höhe sollte man das Thermostat der Heizung im Herbst stellen und auf welche Höhe im Winter?
Herbert: Es ist ein weit verbreiteter Irrglaube, dass man die Einstellung des Drehknopfs am Heizkörper bei wechselnden Außentemperaturen ändern muss. Bei den meisten Thermostaten kann man die Einstellung von 1 bis 5 wählen oder ganz abdrehen. Die 2 steht dabei für 18°C. Die Abstände zwischen den Zahlen betragen jeweils drei Grad.
Wenn ich mein Thermostat nun auf 3 stelle, bleibt das Heizungsventil so lange geöffnet, bis das Thermostat 21°C misst. Liegt die Temperatur über 21°C bleibt das Ventil geschlossen, der Heizkörper bekommt keine neue Wärme mehr ab. Fällt sie wieder unter 21°C, öffnet das Ventil und das Spiel geht von vorne los. Dadurch liegt die Temperatur bei der Einstellung 3 immer ungefähr bei 21°C. Wer dieses Prinzip verstanden hat, versteht auch, dass es nichts bringt das Thermostat hochzudrehen, wenn es nicht richtig warm wird. Denn steht das Thermostat auf 3, im Raum sind es aber nur 18°C dann ist das Heizungsventil schon offen. Mehr auf als auf geht nicht, daher bringt es in dem Fall überhaupt nichts das Thermostat auf 5 zu stellen.
Wenn es in meinem Zimmer weniger warm wird, als die Einstellung des Thermostats vorgibt, dann liegt der Grund meist an anderer Stelle. Zum Beispiel kann es sein, dass das Ventil klemmt oder die Heizung entlüftet werden muss. Ist das beides aber nicht der Fall, dann ist entweder der Heizkörper zu klein oder die Heizungssteuerung ist nicht korrekt eingestellt. Dass ein Heizkörper zu klein ist, kommt ganz selten mal vor. Meistens liegt es auch hier an den Einstellungen der Heizungssteuerung.
Ähnlich wie mit einem neuen Smartphone oder einem neuen Fernseher, um den Zugang zu den wichtigsten Apps wieder herzustellen oder damit man alle Programme empfangen kann, muss man sich mit diesen Geräten beschäftigen. Genau das sollte man mit seiner Heizungssteuerung auch tun, damit es immer ausreichend warm wird, aber möglichst wenig Energie verbraucht wird.
Was macht man bei längerer Abwesenheit von ein bis zwei Wochen mit der Heizung - aus- oder nur herunterstellen?
Herbert: Warm braucht man es dann, wenn man zu Hause ist. Bin ich nicht zu Hause, brauche ich da auch keine warmen Zimmer. Daher sollte man die Temperaturen im Sinne der Energieeinsparung in Abwesenheitszeiten reduzieren. Im Prinzip reicht sowas wie eine Frostsicherung. Die meisten Thermostate haben dafür eine eigene Einstellung, die mit einer Schneeflocke gekennzeichnet ist. Steht das Thermostat auf der Schneeflocke, öffnet das Ventil, wenn es weniger als 6°C im Raum wird.
Es gibt allerdings auch einen Nachteil dieser Temperaturabsenkung. Wenn ich zurückkomme und es ist 6°C in meiner Wohnung, dann braucht es manchmal zwei bis drei Tage, bis es wieder angenehm warm in der Wohnung ist. So lange dauert es nämlich bis alle Wände, Decken und Einrichtungsgegenstände wieder aufgewärmt sind.
Wen das stört, hat die Möglichkeit mit smarten und internetfähigen Heizungsthermostaten zu arbeiten. Dann kann man von der Ferne aus die Heizung schon ein, zwei Tage von der Heimkehr wieder anschalten und man kommt zurück in eine warme, gemütliche Wohnung.
Sollte man die Temperatur auch anpassen, wenn man tagsüber z. B. im Büro ist?
Herbert: Bei sehr kurzer Abwesenheit lohnt eine Temperaturabsenkung nicht, da die Wiederaufheizung die Einsparung wieder zunichtemacht. Damit sich eine Temperaturabsenkung lohnt, sollte die Abwesenheit, mindestens fünf Stunden oder mehr betragen. Auch hier gilt, dass es bei der Rückkehr in der Wohnung erst mal kälter ist. Daher sind auch für diesen Fall smarte Thermostate mit Programmierfunktion sicher eine clevere Lösung Energie zu sparen ohne frieren zu müssen.