Angst vor weiteren Anschlägen wächst: "Jedes Kraftwerk, jede Pipeline kann attackiert werden"

Züge der Deutschen Bahn
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Züge der Deutschen Bahn

Erst die Nord-Stream-Pipelines und nun zertrennte Kabel an den Bahnstrecken: Zwei Sabotage-Akte innerhalb kürzester Zeit zeigen auf, wie schlecht unserer Infrastruktur geschützt ist. Die Stimmen nach besseren Schutzmaßnahmen werden immer lauter.

Wer hinter den jüngsten Sabotageakten in Deutschland steckt, ist bisher noch ungeklärt, doch alles deutet auf die Beteiligung ausländischer Staaten hin. Dessen ungeachtet stellt sich nun aber vor allem die Frage, wie solche Angriffe unterbunden werden können.

Die Infrastruktur ist verletzlich

Die jüngste Sabotage von Funkverbindungskabeln in Berlin und Herne hat zu einer fast dreistündigen Unterbrechung des Zugverkehrs in Norddeutschland geführt. Von den Täter:innen fehlt jedoch jegliche Spur.

Fest steht lediglich, dass es sich um das Werk von Profis handelt, die über Informationen innerhalb der der Deutschen Bahn verfügt haben müssen. Der deutsche Verkehrsminister Volker Wissing sagt gegenüber dem ARD, er könne eine Beteiligung ausländischer Staaten nicht ausschließen:

Wir haben seit Beginn des Krieges in der Ukraine die Wachsamkeit erhöht, weil wir wissen, dass die Infrastrukturen verstärkt zur Zielscheibe geworden sind.

Eine neue Art der Kriegsführung

Da es sich bei den Vorfällen sowohl um höchst professionelle als auch um relativ ungewöhnliche Angriffe handelt, werden die Sorgen darum, dass es ich um verdeckte Kriegsakte handelt, immer größer.

Wie die Europäische Kommission berichtet, hat Ursula von der Leyen bereits einige Tage vor dem Angriff auf das Schienennetz der Deutschen Bahn, bei einer Rede in Estland darauf aufmerksam gemacht:

Kritische Infrastrukturen sind die neue Grenze der Kriegsführung. Wir müssen unsere kritischen Infrastrukturen schützen und unsere Überwachungskapazitäten optimal nutzen, um potenzielle Bedrohungen zu erkennen.

Ebenso meldet sich Carsten Breuer, General bei der Bundeswehr, zu Wort und warnt in einem Interview mit der Bild:

Jede Umspannstation, jedes Kraftwerk, jede Pipeline kann attackiert werden, kann ein mögliches Ziel sein. Deutschland muss mit seinen Sicherheitsbehörden ein Auge darauf und ein Ohr daran haben, wogegen mögliche Anschläge geplant werden, was die wahrscheinlichsten Szenarien sind. Wir müssen die begrenzten Kräfte dann gezielt dorthin schicken. Man kann nicht jeden Strommast schützen.

Wie können zukünftige Sabotageakte unterbunden werden?

Ein hundertprozentiger Schutz vor Sabotageakten ist leider nicht möglich, aber die Mängel in Bezug auf den Schutz unserer Infrastruktur bestehen bereits seit längerem. Manuel Atug von der AG KRITIS beschreibt den derzeitigen Zustand im Gespräch mit dem WDR:

Sie wird auch immer anfälliger, weil wir sie nicht genug absichern. Und sie wird eben auch anfälliger dadurch, dass wir immer noch ein Kompetenzdefizit haben – und auch ein Verständnisdefizit, kritische Infrastrukturen sicher aufzubauen und sicher zu betreiben.

Seit 2008 gibt es in der EU die Richtlinie über kritische Infrastrukturen und Anfang dieses Jahres erzielten die EU-Institutionen eine politische Einigung über neue Vorschriften mit einem größeren Anwendungsbereich.

Ab 2024 sind die Mitgliedstaaten und die Betreiber verpflichtet, ihre kritischen Infrastruktursysteme regelmäßig zu überprüfen und etwaige Probleme zu beheben. In Anbetracht der jüngsten Ereignisse denkt allerdings nicht nur die Bundesregierung über eine frühere Implementierung nach.

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