Der "Tag der Freiheit": England lässt alle Corona-Maßnahmen fallen!
Der heutige Montag wird "Freedom Day" genannt. Großbritannien entscheidet, sämtliche Corona-Maßnahmen restlos fallen zu lassen. Ob das ein Grund zur Panik oder zum Feiern ist, liegt im Auge des Betrachters.
Nachdem Großbritannien mit seiner Impfkampagne im Schnitt aller Länder ziemlich weit vorne liegt, scheint vor einigen Wochen bereits die Herdenimmunität gegen das Coronavirus erreicht.
Doch schon vor Beginn der Europameisterschaft im Juni, während der mehrere Spiele im Wembley-Stadion in London stattfinden, nimmt die Delta-Variante das Land ein.
Alle Beschränkungen aufgehoben
Die Regierung beschließt, an diesem Montag jegliche Corona-Maßnahmen abzuschaffen. Die Abstands- oder Maskenpflicht gilt auch in öffentlichen Verkehrsmitteln nicht mehr.
Das Homeoffice ist nicht mehr staatlich verordnet, Großveranstaltungen können ohne Personenbeschränkung stattfinden. Auch Discos dürfen wieder öffnen.
Die rechte Fraktion der konservativen Regierung feiert diese neugewonnene Freiheit. Doch zwei Drittel der Briten hätten die Maßnahmen gerne noch etwas länger beibehalten.
"Tag der Freiheit" oder "Tag des Verderbens"?
Dies ergibt eine Umfrage von Ipsos Mori. Denn der Zeitpunkt für solch drastische Lockerungen scheint aufgrund der heranrollenden dritten Welle denkbar unpassend.
Am Samstag werden 54.674 Neuinfektionen verzeichnet. Die Zahl war zum letzten Mal im Januar so hoch. Auch die Krankenhauseinweisungen und Todesfälle steigen.
Premierminister Boris Johnson, der selbst schon mit Corona im Krankenhaus gelegen ist, meint diesbezüglich, man müsse lernen, „mit dem Virus zu leben“. Der Impfschutz, den das Land seit mehreren Monaten aufbaut, biete zudem eine starke Basis.
Herdenimmunität durch Masseninfektion
Das Fachjournal The Lancet veröffentlicht einen Brief, den mehr als 1200 Wissenschaftler:innen verfasst haben, in dem sie die Strategie der Regierung als „unwissenschaftlich und unethisch“ verurteilen.
Diese Strategie folge dem Prinzip „Herdenimmunität durch Masseninfektion“. Tatsächlich sind mittlerweile über zwei Drittel der britischen Bevölkerung doppelt geimpft.
Allerdings haben noch um die 20 Millionen Personen, nämlich die Altersgruppe unter 18 Jahren, keinen Immunschutz gegen das Coronavirus. Diese Strategie wirft ethische Fragen auf.
Lockerungen könnten zur "Bedrohung für die Welt" werden
Die Wissenschaft hat mittlerweile herausgefunden, dass vor allem junge Menschen mit asymptomatischem Corona-Verlauf schwere Langzeitschäden davontragen können.
Es stellt sich also die Frage, ob der Regierung der wirtschaftliche Nutzen dieser Verlust an Gesundheit in der Bevölkerung wert ist. Außerdem besteht bei dem Vorgehen Großbritanniens noch eine ganz andere Gefahr.
Durch großflächige Lockerungen erhöht sich die Gefahr der Ausbildung einer resistenteren Variante, wodurch auch der Rest der Welt gefährdet werden würde.