Zusammenhang mit psychischer Gesundheit: Wer Migräne hat, leidet häufig auch unter dieser psychischen Krankheit
Migräne ist eine Volkskrankheit. Unter den Deutschen leiden rund 10 bis 15 Prozent unter dem Kopfschmerzleiden. Und jetzt zeigen Studien: Dieses Phänomen scheint häufig in Kombination mit einem bestimmten psychischen Leiden aufzutreten.
So verkündet Dr. Borries Kukowski, ein Facharzt für Neurologie und Psychiatrie:
Nach aktuellem Kenntnisstand scheinen Migräne-Patienten ein erhöhtes Risiko zu haben, eine Depression oder Angststörung zu entwickeln.
Die Untersuchung des Robert-Koch-Instituts (RKI) basiert auf den Daten von rund 5.000 Studienteilnehmer:inne:n.
Klarer Zusammenhang mit Depressionen erkennbar
Dem aktuellen Bericht zufolge sind rund 15 Prozent der Probanden, welche nicht unter einer Migräne leiden, von Depressionen betroffen sowie neun Prozent von einer Angststörung. Bei den Migräne-Erkrankten hingegen fallen die Zahlen deutlich höher aus: 25 Prozent leiden an einer Depressionen und 20 Prozent an einer Angststörung.
Ergänzende Studien zeigen zudem, dass insbesondere diejenigen, welche unter einer chronischen Migräne leiden (die also mindestens 15 Tage im Monat Kopfschmerzen haben und 8 Tage pro Monat die Symptome einer Migräne zeigen), häufig von einer Depressionen oder Angststörung betroffen sind.
Auch eine Chronifizierung ist wahrscheinlicher
In dem Bericht heißt es auch:
Umgekehrt zeigt sich auch: Depressionen begünstigen eine Chronifizierung der Migräne. Deshalb sollten beide Erkrankungen unbedingt konsequent behandelt werden.
Dr. Kukowski ergänzt:
Ob es einen kausalen Zusammenhang zwischen psychischen Erkrankungen und Migräne gibt, ist derzeit unklar. Aber: Experten vermuten, dass es womöglich genetische Voraussetzungen gibt, die sowohl Migräne als auch Depressionen begünstigen.
Eine US-Studie zur Frauengesundheit unterstütze diese Hypothese. So sollen auch die Teilnehmer:innen ein erhöhtes Risiko für psychische Erkrankungen gezeigt haben, deren Migräne vor dem Beginn der Studie noch nicht aktiv gewesen war.
Gemeinsamer genetischer Ursprung?
Ob depressive Menschen tatsächlich ein höheres Risiko dafür haben, eine Migräne zu entwickeln, darüber sind sich die Expert:inn:en noch nicht einig. Der Neurologe erklärt gegenüber der BILD:
Die aktuelle Studienlage kommt derzeit zu gegensätzlichen Ergebnissen, aber einige unterstützen durchaus die These, dass Depressionen auch das Risiko für Migräne erhöht, was wiederum für einen gemeinsamen genetischen Ursprung spricht.
Zudem können Kopfschmerzen auch ein Symptom für eine Depression sein. So erklärt der Neurologe:
Gerade bei Menschen, die unter dauerhaftem Stress stehen, können Kopfschmerzen eine Manifestation einer psychischen Erkrankung sein. Die Patienten beschreiben dann allerdings häufiger einen dumpfen, drückenden Schmerz und seltener Migränesymptome. Auch Bauch- oder Rückenschmerzen können auf eine psychische Erkrankung hindeuten. Sie treten dann allerdings nicht alleine auf, sondern werden von klassischen Symptomen für Depressionen begleitet.
So manch einer reagiert erst, wenn die körperlichen Symptome kommen
Leider gibt es noch immer viele Betroffene, welche so sehr in ihrem Alltagstrott gefangen sind, dass sie die klassischen Symptome einer Depression, wie Lustlosigkeit, Schlafstörungen, Interessen- und Energieverlust) überhaupt nicht mehr wahrnehmen. Dr. Kukowski ergänzt:
In solchen Fällen kann es sein, dass die Betroffenen erst bei körperlichen Symptomen bemerken, dass etwas nicht stimmt –und später eine psychische Erkrankung diagnostiziert bekommen.
Während die Ursprünge für Depressionen und Migräne wissenschaftlich noch nicht komplett geklärt sind, wissen Experten bereits jetzt, dass Stress und ein unregelmäßiger Alltag beide Krankheiten begünstigen können. Laut Dr. Kukowski helfe es präventiv neben einem stabilen sozialen Umfeld:
Stress zu reduzieren, einen geregelten Alltag zu führen und regelmäßig Ausdauersport zu betreiben.
Wer befürchtet, dass er unter einer oder beiden Krankheiten leidet, der sollte unbedingt seinen Arzt:in konsultieren. Denn: „Viel zu viele Migräne-Patienten leiden lange vor sich hin, obwohl es inzwischen sehr gute Behandlungsmöglichkeiten gibt.“