Verzögerungstaktik um Nawalny-Leichnam: Schachzug vor den russischen Präsidentschaftswahlen?
Vor den russischen Präsidentschaftswahlen im März nimmt die Kontroverse um den verstorbenen Kremlkritiker Alexej Nawalny an Fahrt auf. Die verzögerte Herausgabe seines Leichnams und die diskutierten Beweggründe der russischen Behörden werfen Fragen auf.
Die Mutter des verstorbenen russischen Kremlkritikers Alexej Nawalny, Ljudmila Nawalnaja, strebt mit einer Klage die Freigabe des Leichnams ihres Sohnes an. Das zuständige Gericht in der westsibirischen Stadt Salechard wird jedoch erst in anderthalb Wochen über den Antrag verhandeln, so die Süddeutsche Zeitung in einem Bericht.
Leichnam bleibt unter Verschluss
Die Beratung zu diesem Anliegen ist für den 4. März angesetzt und soll hinter verschlossenen Türen stattfinden, wie die staatliche russische Nachrichtenagentur am Mittwoch berichtet. Zuvor haben die Behörden den Angehörigen Nawalnys mitgeteilt, dass der Leichnam noch weitere zwei Wochen unter Verschluss bleibt.
Als Begründung für die zweiwöchige Frist nennen die russischen Behörden laut Frankfurter Rundschau eine "chemische Untersuchung" des Körpers, um die Todesursache festzustellen. Nawalnys Mutter ist am Wochenende zur Strafkolonie gereist, in der ihr Sohn zuletzt inhaftiert gewesen ist.
Dort sei ihr mitgeteilt worden, dass die Leiche in Salechard untersucht werde. Im dortigen Leichenschauhaus hat sie jedoch erfahren, dass sich der Körper nicht dort befindet, wie das Team des Verstorbenen laut Frankfurter Rundschau berichtet. Offenbar setzt der Kreml seine verzögerte Vorgehensweise fort – und dahinter könnte ein Plan stecken.
Welchen Plan verfolgt der Kreml?
Das Hinhalten nährt die Vermutungen der Unterstützer:innen von Nawalny, dass die russischen Behörden möglicherweise versuchen, Beweise zu vernichten. Nawalnys Witwe hegt in einer Rede den Verdacht, dass der Leichnam zurückgehalten wird, um keine Rückstände des Gifts Nowitschok im Körper des Regimekritikers nachweisen zu können, so die Frankfurter Rundschau weiter.
Auf X veröffentlicht die Nawalny-Sprecherin Kira Jarmysch dazu folgendes Statement:
Wir verstehen ganz klar, dass sie seinen Körper danach nicht zeigen werden und, dass sie diese ‚Untersuchung‘ solange verlängern werden, bis es ihnen passt, zumindest bis zu den Präsidentschaftswahlen.
Es könnte also sein, dass die Verzögerungen den russischen Präsidentschaftswahlen dienen sollen. Die bevorstehende Wahl ist für März 2024 geplant und wird über drei Tage andauern (15. bis 17. März). Aktuellen Umfragen zufolge liegt ein Kandidat deutlich vorn – nicht überraschend führt gemäß eines Beitrags der Frankfurter Rundschau der amtierende Präsident Wladimir Putin in den Meinungsumfragen.
Den russischen Behörden zufolge ist Kreml-Kritiker Nawalny an einem "plötzlichen Todessyndrom" gestorben. Dies ist laut Medienberichten ein sehr vager Begriff – offenbar ohne genaue medizinische Bedeutung. Kurz nach dem Todesfall gibt es unbestätigte Berichte in den Medien darüber, dass Nawalny angeblich an einem Blutgerinnsel gestorben sei.
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Verwendete Quellen:
Frankfurter Rundschau: „Plötzliches Todessyndrom“: Russland schmiedet neue Pläne mit Nawalnys Leiche
Frankfurter Rundschau: Wahl in Russland: Kandidaten, Termine, Infos und Abläufe
Süddeutsche Zeitung: Russische Behörden halten Nawalnys Mutter hin