Wer hätte bei Gaslieferungs-Stopp von Russland Vorrang: Privathaushalte oder Firmen?
Die Bewohner:innen Finnlands müssen bereits vor wenigen Tagen in den vermeintlich sauren Apfel beißen: Russland dreht dem Nachbarland aufgrund seiner Weigerung, seine Rechnungen in Rubel zu begleichen, den Gashahn zu. Sollte der Gas-Lieferstopp eines Tags auch Deutschland betreffen, stellen sich viele Menschen die Frage, wer vorrangig auf den wichtigen Energielieferanten verzichten muss: Privathaushalte oder Firmen? Der Präsident der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, äußert sich dazu vor Kurzem ganz klar.
Die finnische Regierung nimmt die Nachricht, dass Russland seine Gaslieferungen an ihr Land aussetzt, laut Tagesschau ziemlich gefasst auf: Erste Vorbereitungen wurden bereits getroffen, um die schlimmsten Folgen abzufedern. Die Menschen in Deutschland scheinen mit Hinsicht auf einen Gasmangel teilweise weniger gelassen zu sein.
Privatpersonen und Supermärkte auf der Prioritätenliste ganz oben
Hierzulande befürchten viele ein wahres Katastrophenszenario und sehen sich im Winter dick eingemummelt in Pullovern unter der Bettdecke bibbern und abwechselnd Brot oder Lebensmittel aus Konserven essen, weil aufgrund von Sanktionen Russlands in deutschen Haushalten die Gasheizungen und -herde stillstehen könnten.
Das ist wenig verwunderlich, fordert die Industrie laut Focus doch im April noch, dass "ein Gas-Stopp auch Privat-Haushalte sofort treffen" sollte. Ganz so viele Sorgen müssen sich die meisten dann zumindest vorerst aber nicht machen.
In einem Interview mit der FAZ findet Klaus Müller beruhigende Worte für all jene, die voller Sorge bereits in die Wintermonate blicken: Sowohl Privatpersonen als auch bestimmte Einrichtungen des öffentlichen Lebens (dazu gehören u. a. Schulen, Krankenhäuser, die Polizei und die Feuerwehr) sollen bei einem möglichen Gaslieferstopp besonderen Schutz erhalten.
Freizeitbäder gehen leer aus
Auf der Prioritätenliste ganz unten stünden insbesondere Schwimmbäder. Müller dazu:
Wenn es zur Notlage kommt, ist es einleuchtend, zunächst im Freizeitbereich einzugreifen, bevor wir Industriebetriebe reduzieren oder abschalten, an denen ja viele Arbeitsplätze und auch wichtige Produkte hängen.
Privatpersonen soll ein Gasverbrauch "von bis zu 10.000 Kilowattstunden Gas im Jahr als Richtwert" gestattet werden, Supermärkte dürften in einer Notfallsituation noch biszu 1,5 Millionen Kilowattstunden verbrauchen.
Für Firmen würden mehrere Kriterien gelten: etwa deren Größe, aber auch das Gewerbe selbst. Als Beispiel führt Müller die Keramikindustrie an:
In der Keramikindustrie etwa erstarren die Produktionsanlagen und gehen kaputt, wenn das Gas fehlt. Wir berücksichtigen auch die Kosten und die Dauer für die Wiederinbetriebnahme.
Die Versorgung der Bevölkerung scheint also selbst im Ausnahmezustand gesichert zu sein und Unternehmen, die nicht für das Überleben der Menschen in Deutschland wichtig sind, müssen nicht sofort damit rechnen, ihre Tore bei einem Gaslieferstopp für immer schließen zu müssen.
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